Kategorien: Stadtwerke AG Mobilität
03.05.2024

Warten auf den Bus im Kopf der Göttin Neue Kunst-Bushaltestelle am LEIZA vorgestellt

Eine besondere „Kunst am Bau“ für den 2022 fertiggestellten Neubau des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) in Mainz wurde heute offiziell vorgestellt: Die wohl ungewöhnlichste Bushaltestelle in der Landeshauptstadt, eine „liegende Göttin".

Gemeinsam mit Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen präsentierten Vertreterinnen und Vertreter aller beteiligten Institutionen, die Künstler und die am Bau Beteiligten die wohl ungewöhnlichste Bushaltestelle in der Landeshauptstadt. 

„Liegende Göttin“ als Sieger eines europaweiten Wettbewerbes

Fahrgäste der Mainzer Verkehrsgesellschaft können künftig die Wartezeit an der neuen Haltestelle „Stadtpark/LEIZA“ im Schutz einer Beton-Skulptur verbringen, die den stark vergrößerten, liegenden Kopf einer antiken Venus-Statue als Hohlform zeigt. Mit diesem Entwurf hatte die Künstlergruppe Jonathan Banz und Nikolai von Rosen 2021 den europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb des Landes Rheinland-Pfalz für die Kunst am Bau gewonnen. Die Wettbewerbsjury begründete ihre einstimmige Entscheidung mit den „großen Chancen für die Identifikation und Adressbildung im öffentlichen Raum“, verbunden mit einer „Neuordnung und Aufwertung des Stadtraumes an dieser Stelle“. Für die bauliche Umsetzung zeichnet die Niederlassung Mainz des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (Landesbetrieb LBB) verantwortlich.

„Die liegende ‚Göttin‘ ist die ideale Außenbotschafterin für das Museum und bereichert das Mainzer Stadtbild. Das LEIZA ist eine besondere Institution in Mainz und für den Wissenschaftsstandort Rheinland-Pfalz. Es nimmt nicht nur in der archäologischen Forschung eine zentrale Rolle ein, sondern auch in der Vermittlung von Wissen. Mit der Kunst am Bau haben wir die Schaffung eines einzigartigen Kunstwerks ermöglicht, das dieser Bedeutung des LEIZAs gerecht wird“, so Bau- und Finanzministerin Doris Ahnen. 

Personengruppe vor Bushaltestelle aus Beton in Form eines großen Kopfes

Langer Entwicklungsprozess

Vom preisgekrönten Entwurf bis zur neuen Bushaltestelle Stadtpark/LEIZA am südlichen Ende des Neubaus waren viele Schritte zu gehen. Die Künstler Jonathan Banzen und Nikolai von Rosen entwickelten ihren Entwurf in Abstimmung mit den Projektverantwortlichen im LBB Mainz mit Blick auf seine bauliche Umsetzung weiter. Mehrfach wurden Zwischenstadien als Modelle im 3D-Druck hergestellt, um die räumliche Wirkung besser beurteilen zu können. In diesem Prozess fiel auch die Entscheidung, die Haltestelle nicht in dem ursprünglich geplanten Rotton zu realisieren, sondern im Hellgrau des Betons. Die Hohlform wirkt dadurch plastischer, das Negativ-Abbild eines stilisierten Frauenkopfes ist leichter zu erkennen. Am Ende stand eine fachgerechte Architekturplanung für das Bauprojekt der neuen Kunst-Haltestelle.

Die Künstler Jonathan Banz und Nikolai von Rosen erklärten: „Wir wollten mit den Mitteln der Kunst den öffentlichen Raum vor dem neuen LEIZA mit einem identitätsstiftenden Bild bereichern. Herausgekommen ist eine Bushaltestelle der besonderen Art. Sie steht für das LEIZA ebenso wie für den öffentlichen Nahverkehr und stellt zudem einen Bezug zu den römischen Wurzeln der Stadt her. Ein Ort um auf den Bus zu warten und zugleich ein Fotomotiv und ein Treffpunkt. Vielleicht wird es sogar eine Art Wahrzeichen.“

Abgussform kommt aus Duisburg

März und April 2024 gehörten der baulichen Realisierung. In einer Modellfabrik in Duisburg wurde die Abgussform – fachlich: Matrize - für die Kunst-Bushaltestelle am Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) hergestellt. Die Matrize hatte eine Rückseite aus Holz. Darauf kam ein Aufbau aus Styropor, aus dem in einem ersten Fräsprozess die grobe Form des Göttinnen-Kopfes herausgefräst wurde, darüber ein Glasfasernetz und schließlich Epoxidharz-Platten. Nach deren Aushärten wurden die Feinheiten des göttlichen Antlitzes nach dem Vorbild eines antik-römischen Venuskopfes eingefräst.

Die Generaldirektorin des LEIZA, Univ.-Professor Dr. Alexandra Busch, sagte: Wir hätten uns kein sinnreicheres Kunstwerk als die großartige Skulptur von Jonathan Banz und Nikolai von Rosen wünschen können, um die vielfältigen Bezüge zwischen dem LEIZA und seiner Arbeit, der örtlichen Umgebung und ihrer Historie sowie der Mainzer Öffentlichkeit zum Ausdruck zu bringen.“

Anfang April wurde die Matrize per Lkw nach Mainz transportiert und mit einem Autokran an der neuen Haltestelle Stadtpark/LEIZA auf dem 1,50 Meter dicken Betonfundament abgesetzt. Die Matrize wurde mit Baustellen-Schaltafeln aus Holz verschalt und mit Beton ausgegossen, der wie beim Gebäudebau mit Stahl bewehrt wurde. Damit der Beton die Details der Kopfform komplett ausfüllt, wurde ihm ein Fließmittel zugesetzt. Nach dem Aushärten des Betons wurden Schalung und Matrize Schritt für Schritt entfernt. Am Ende stand der 3,90 Meter hohe Betonquader mit einer Breite von 4,40 Metern frei - die Betonage war gelungen.  

Haltestelle als Hingucker

„Für die Mainzer Mobilität ist die Haltestelle am LEIZA ein wichtiger ÖPNV-Knotenpunkt in Mainz“, sagte der Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG), Jochen Erlhof. „Es gibt hier etwa 1200 ein- und aussteigende Fahrgäste täglich. Mit neun Buslinien hat die Haltestelle zudem eine wichtige Umsteigefunktion. Wir waren begeistert, als wir den ersten Entwurf gesehen haben und wussten, das wird ein echter ,Hingucker´ für das LEIZA und als Haltestelle. Die Zusammenarbeit war sehr gut, es galt eine gute Lösung für das Kunstwerk mit der Funktionalität als Wartehalle für die Fahrgäste zu finden. Das ist hervorragend gelungen. Die MVG hat jetzt eine tolle Haltestelle im Netz und wir gehen davon aus, dass die Fahrgäste und Passanten pfleglich mit dem Bauwerk umgehen.“

Guido Brennert, stellvertretender Geschäftsführer des Landesbetriebs LBB, sagte: „Es ist beeindruckend, wie die beiden Künstler mit den vielfältigen Anforderungen und Problemstellungen umgegangen sind, wie sie mit ihrer Skulptur gleichzeitig eine alltagspraktische Funktion erfüllen und damit über die Erwartungen des Wettbewerbs-Auslobers hinausgehen. Mit dem Kunstwerk wird hier ein Ort mit sehr eigenständigem Charakter geschaffen.“

Beleuchtung liegt im Ohr

Nach dem Ausschalen der Betonskulptur wurde ihre Oberfläche geglättet, mit einem Anstrich versehen und erhielt zusätzlich einen Graffiti-abweisenden Überzug. Die Mainzer Mobilität installierte die digitale Fahrgast-Information in Form einer Stele, die Nachtbeleuchtung der göttlichen Haltestelle ist jetzt im Ohr der Venus installiert. Zum Schluss werden im weiteren Umfeld Pflasterplatten gelegt und die dauerhafte Sitzbank eingebaut. Die Mainzer Mobilität will die Haltestelle nach dem Abschluss von Restarbeiten in ihrem Umfeld im Laufe des Mai wieder in Betrieb nehmen. 

Zusatzinformation: LEIZA

Das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA), Mitglied der wissenschaftlichen Leibniz-Gemeinschaft, erforscht die Geschichte der Menschheit auf der Basis von archäologischen Funden und Befunden aus 3 Millionen Jahren. Ziel ist es, den Menschen in seinen Zusammenhängen zu verstehen und zu erkennen, was Menschen als Individuen auszeichnet und als Spezies eint. Der Neubau mit einem Forschungs- und einem Ausstellungsbereich für rund 60 Mio. Euro wurde vom Landesbetrieb LBB im Herbst 2022 fertiggestellt. Mit dem Abschluss seines Umzugs aus dem Kurfürstlichen Schloss in den Neubau änderte das vormalige Römisch-Germanische Zentralmuseum zum 1. Januar 2023 seinen Namen in LEIZA. Die neu konzipierten Ausstellungen werden 2026 eröffnet.

Zusatzinformation: Venus-Kopf

Der originale Venuskopf ist aus Marmor, rund 40 Zentimeter hoch und in der Fachwelt als „Venus von Martres“ bekannt – nach dem Ort in Frankreich, in dem er 1826 gefunden wurde. Der Schöpfer des Kopfes, eventuell einer kompletten Venus-Statue, ist unbekannt. Stilistisch steht sein Werk steht in der langen Tradition von antik-römischen Kopien einer berühmten Aphrodite-Statue des griechischen Bildhauers Praxiteles aus dem 4. Jh. v. Chr. Die Venus von Martres ist im Museum Saint-Raymond in Toulouse zu sehen. Die beim Original abgebrochene Nasenspitze wurde für die Mainzer Kunst-Haltestelle rekonstruiert. 

Zusatzinformation: Kunst am Bau 

Kunst am Bau bereichert viele Gebäude der öffentlichen Hand. Bund und Länder loben Wettbewerbe für die künstlerische Ausgestaltung ihrer Neubauten aus. Damit erfüllen sie eine rechtliche Vorgabe und bekennen sich zu ihrer Verantwortung für die Baukultur und als wichtiger Auftraggeber für bildende Künstlerinnen und Künstler. Das Wettbewerbsverfahren ist in entsprechenden Richtlinien des Bundes und der Länder geregelt. Die Jury – fachlich: Preisgericht – bewertet die Wettbewerbsbeiträge in anonymisierter Form, ohne die Namen der jeweiligen Urheber zu kennen. Erst nach der Kür der prämierten Entwürfe wird die Anonymität aufgehoben.